Grünwidl: Wahrhaftigkeit gemeinsames Ziel von Kirche und Medien
02.12.202521:10
Österreich/Kirche/Medien/Religion/Grünwidl/ORF
Designierter Erzbischof wirbt bei Adventbegegnung mit Journalisten für "Allianzen für das Gute" und gönnt sich Interviewpause bis Weihnachten
Wien, 02.12.2025 (KAP) Auf gemeinsame Ziele von Kirche und Medien hat der designierte Wiener Erzbischof Josef Grünwidl hingewiesen. Beide verbinde die Verpflichtung zur Wahrhaftigkeit, sagte er am Dienstagabend bei der Adventbegegnung mit Mitarbeitenden des ORF - einer Tradition, die er von seinem Vorgänger Kardinal Christoph Schönborn übernommen hat. Die Kirche sei bestrebt, "trotz aller eigener Fehler Allianzen für das Gute zu ermöglichen, wobei es auch Allianzen mit den Medien braucht", sagte Grünwidl vor rund 150 Medienschaffenden, die der Einladung ins Wiener Priesterseminar gefolgt waren, darunter auch etliche Mitglieder des ORF-Stiftungsrates.
Grünwidl unterstrich in seiner Ansprache die Bedeutung fundierter Information für die demokratische Öffentlichkeit. Er verwies auf eine Ansprache von Papst Leo XIV., der Information als "öffentliches Gut" bezeichnet hatte: "Wenn Information über Tatsachen nicht mehr garantiert ist, wird Meinungsfreiheit zur Farce." Manchmal verkaufe sich eine Stellungnahme besser, wenn sie vereinfacht oder einseitig dargestellt sei. Dem stehe jedoch die Verantwortung zur Wahrheit entgegen.
Zugleich dankte der Apostolische Administrator, dessen Bischofsweihe und Amtsübernahme am 24. Jänner 2026 bevorsteht, für die bisherige Zusammenarbeit, besonders dem ORF. "Ich bin dankbar, dass Pressefreiheit, öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Qualitätsjournalismus in Österreich einen guten Stand haben, und für alle Medien, die unsere Gesellschaft demokratiestärkend informieren und beeinflussen."
Dabei sei ihm auch Kritik an der Kirche willkommen: "Auch wenn sie weh tut - wenn sie auf solider Recherche beruht, sollten wir sie dankbar annehmen. Von übertriebener kirchlicher Wehleidigkeit halte ich nichts." Er wünsche sich für sein Bischofsamt eine "kritische und zugleich wohlwollende Aufmerksamkeit der Medien". Zugleich kündigte Grünwidl an, er wolle angesichts der langen Liste von Anfragen bis Weihnachten keine Interviews geben. "Ich war medial genug präsent und habe keine Neuigkeiten zu verkünden."
Weißmann: Religionssendungen werden gesehen
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann dankte für die Einladung und sprach von einer damit ausgedrückten "großer Wertschätzung" Grünwidls. Die Übertragungen zu kirchlichen Ereignissen des Jahres 2025 - darunter die Dankesfeier und Emeritierung von Kardinal Schönborn, der Tod und das Begräbnis von Papst Franziskus, das Konklave und die Wahl von Papst Leo XIV. und schließlich die Ernennung von Grünwidl als neuer Erzbischof - seien von einem Millionenpublikum verfolgt worden.
Mit Blick auf die kirchlichen Umbrüche sagte Weißmann an Grünwidl gewandt: "Es zeigt sich, dass Ihnen das Verhältnis zu unabhängigen Medien wichtig ist." Kommunikation sei gerade in angespannten Zeiten unverzichtbar. Weißmann versprach: "Wir werden Sie weiterhin intensiv begleiten" und schloss mit Weihnachtswünschen und der Hoffnung auf "weiterhin positiven Austausch" zwischen Kirche und Medien.
Aufruf zur Innerlichkeit
In einer einleitenden Adventandacht in der Seminarskirche, die von der Capella St. Stephan unter Domkapellmeister Markus Landerer gestaltet wurde, sprach Grünwidl über innere Sammlung und die Notwendigkeit, "nicht in der Adventhektik unterzugehen". Österreich investiere jährlich fünf Milliarden Euro in Straßenbau, "doch die wichtigste Straße ist die zu mir selbst - und die bleibt oft eine selten genutzte Nebenstraße". Viele Menschen würden sich selbst ausweichen: "Wir beschäftigen uns mit allem Möglichen, lesen Zeitungen, aber nicht uns selbst." Die Behauptung, keine Zeit für Stille zu haben, sei "eine Lüge". Wirklich wahr sei: "Ich nehme sie mir nicht."
Der Apostolische Administrator rief dazu auf, im Advent bewusst täglich einige Minuten Pause zu machen und der eigenen Innerlichkeit Raum zu geben. "Wenn es in den kommenden Wochen Weihnachten werden soll, hilft das ganze weihnachtliche Drumherum nichts." Wer sich auf den eigenen inneren Weg mache, begegne auch Gott, der "nicht mit leeren Händen" komme und "Frieden, Freude, Lebendigkeit" bringe. Abschließend gab Grünwidl, selbst ausgebildeter Konzertorganist, ein Präludium für die Weihnachtszeit von Johann Baptist Schiedermayr zum Besten.