"Nicht mit uns" zeichnet Geschichte der rebellischen Salzburger Ordensfrauen nach - Buchautorin Meinhart: Schicksal weist auf wunde Punkte von Kirche und Gesellschaft
Wien, 04.12.2025 (KAP) Die drei Nonnen aus Kloster Goldenstein haben am Mittwoch und Donnerstag Wien besucht, um ihr Buch "Nicht mit uns! Die unglaubliche Geschichte der Nonnen von Goldenstein" vorzustellen. Autorin Edith Meinhart las daraus vor und erläuterte Hintergründe rund um die Causa der letzten Augustiner-Chorfrauen aus Salzburg-Elsbethen. Rund 200 Gäste verfolgten die Lesung am Mittwochabend in der "Kulisse", mit den Schwestern Bernadette (88), Regina (86) und Rita (82) auf der Bühne. Am Folgetag setzten die Nonnen ihre Reise fort und besuchten mehrere Wiener Kirchen, um dort zu beten.
Am Podium beantworteten die Schwestern Fragen und erzählten von der Gründung ihres Klosters vor rund 150 Jahren, der Ordensschule mit Internat und ihrer Berufungsgeschichte, sagte Christina Wirtenberger, die Sprecherin der drei Nonnen, am Donnerstag im Interview mit Kathpress. Sr. Bernadette berichtete etwa, sie habe selbst in Goldenstein die Schulbank gedrückt - mit Romy Schneider, die eine Klasse unter ihr war - und mit zwölf Jahren gewusst, sie wolle Nonne werden. Bei Sr. Rita fiel die Entscheidung mit 16, wobei der Gang nach Goldenstein später erfolgte, empfohlen von ihrem Bruder, der in St. Florian Augustiner-Chorherr war.
In gelöster Stimmung berichteten die Schwestern weiters über einstige Strenge und Fürsorge im Internat und gingen auch auf ihre heutige Situation ein: Sie litten darunter, dass es weiterhin keine direkte Kommunikation mit ihrem kirchlichen Vorgesetzten, Propst Markus Grasl gebe, sagten sie, und wünschten sehnlichst ein Gespräch. Eine Lösung ohne Anwalt und Gericht sei in ihrem Sinne, zu Verhandlungen seien sie bereit, signalisierten die Nonnen.
Am Tag nach der Präsentation setzten die drei Ordensfrauen ihre Reise in Wien fort. Sie besuchten den Stephansdom und trafen dort Dompfarrer Toni Faber, außerdem die Franziskanerkirche, die ukrainisch-orthodoxe Johannes-Chrysostomus-Kapelle am Franziskanerplatz und die Karlskirche. In allen Kirchen wurden gemeinsame Gebete mit Priestern abgehalten. Die Reise wurde von Unterstützern organisiert und von Mitgliedern des Malteser Hospitaldienstes Salzburg begleitet.
Autorin: Kein Recht steht über Gespräch
Das neue Buch über die Goldenstein-Nonnen erzählt die Vorgeschichte: Wie die drei Ordensschwestern aus ihrer Sicht unfreiwillig in ein Altersheim umgesiedelt wurden und im September gegen die Anordnung des Propstes in ihr altes Kloster zurückkehrten, in dem ihre Gemeinschaft eine katholische Privatschule geführt hatte. Eingegangen wird auch auf den Konflikt mit dem Propst sowie die internationale Anteilnahme durch den von Unterstützern erstellten Instagram-Auftritt mit inzwischen 250.000 Abonnenten und die weltweite Berichterstattung. Zuletzt hatten sich beide Konfliktparteien an den Vatikan gewandt, um eine Lösung zu erbitten.
Buchautorin Meinhart war mit den Schwestern bereits in deren Zeit im Altersheim im Kontakt, als ehemalige Schülerinnen sich an sie gewandt hätten, berichtete sie im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress. "Das Gespräch mit den Nonnen zeigte mir, dass sie weder lügen noch strategisch kommunizieren oder raffiniert sind: Vielmehr waren sie mittellos und unglücklich, im Heim zu sein." Die Journalistin zeigte sich "fassungslos" darüber, dass die Frauen gegen ihren Willen dorthin gebracht worden waren. "Man muss mit ihnen reden. Da gibt es kein kanonisches Recht, das darübersteht."
Mit ihrer Buchveröffentlichung gehe sie über die Medienberichterstattung hinaus und mache Zusammenhänge begreiflich - "etwa die Frage, warum die Nonnen so lange gebraucht haben, um sich zu wehren", so die frühere "profil"-Journalistin. Meinhart versuchte mehrfach, auch den Propst für das Buch zu kontaktieren, dieser habe aber entweder gar nicht reagiert oder nur auf das Kirchenrecht und auf Rom verwiesen. Sie habe den Eindruck, er sehe die Situation "von vornherein als Machtkampf" und verstehe Gehorsam anders als die Ordensfrauen, für die es ein "Hinhören auf das, was Gott will" sei.
Die Autorin charakterisierte die drei Nonnen einzeln: "Schwester Bernadette ist sehr präzise im Ausdruck und unerschrocken. Rita ist eher verspielt und warmherzig, Regina still, aber wenn sie etwas sagt, dann auf den Punkt." Alle drei seien über Jahrzehnte Lehrerinnen gewesen. "Sie haben Generationen von Kindern und Jugendlichen vermittelt, was richtig und falsch ist. Sie lebten abgeschottet, beteten mehrmals täglich, waren aber zugleich der Welt zugewandt, weil sie immer in Kontakt mit jungen Menschen standen." Auch wenn sie um das enorme von ihnen ausgelöste mediale Echo wüssten, "sind ihr Maßstab die Muttergottes und Jesus".
Dass die Nonnen auf so viel Aufmerksamkeit stoßen, führte Meinhart darauf zurück, dass ihr Schicksal viele wunde Punkte der Gesellschaft berühre: "Den Umgang mit alten Menschen, Selbstbestimmung und Würde im Alter. Alte Frauen sind in der Gesellschaft oft unsichtbar. Dass sich Nonnen nicht alles gefallen lassen und für ihre Rechte eintreten, inspiriert viele." Die Öffentlichkeit sei für sie ein "Schutz" und "die einzige Chance, dass die zuständigen Stellen im Vatikan eine ungefilterte zweite Sichtweise bekommen". Die Kirche müsse ihren Anspruch, für die Würde des Menschen vom Anfang bis zum Ende des Lebens zu stehen, auch erfüllen, "sonst wird er hohl", forderte die Autorin. Auf alle diese Themen nehme auch das Buch Bezug.