Deutsch: Vergleich mit anderen Ländern zeige, dass es keine Selbstverständlichkeit sei, dass man offen miteinander rede und kooperiere
Wien, 14.12.2025 (KAP) Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch, lobt den in Österreich ausgezeichneten interreligiösen Dialog. Der Dialog zwischen den Religionen sei vorbildhaft für viele andere Länder, wo es keine Selbstverständlichkeit sei, dass man offen miteinander rede und kooperiere, sagte der IKG-Präsident im APA-Interview (Sonntag). Gesprächstermine mit dem ernannten katholischen Wiener Erzbischof Josef Grünwidl und der neuen evangelisch-lutherischen Bischöfin Cornelia Richter werde es demnächst geben. "Die Gespräche, die wir schon bis jetzt hatten, zeigen in eine hervorragende Richtung, wo es sicherlich eine Kontinuität geben wird", freute sich Deutsch, der auch Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft (IRG) ist.
Die Zunahme antisemitischer Vorfälle hätte sich Deutsch noch vor wenigen Jahren so nicht vorstellen können, wie er sagte. "Wenn es einen starken Antisemitismus gibt, dann sind vielleicht zuerst die Juden diejenigen, die damit konfrontiert sind. Aber dann ist die gesamte Demokratie in Gefahr und somit Menschen egal welcher Religion", betonte er. Es sei daher wichtig, gemeinsam mit Politik und der ganzen Zivilgesellschaft gegen dieses "Krebsgeschwür" anzukämpfen.
Thema des APA-Interviews war unter anderem auch das von der Regierung in Wien geplante Holocaust-Zentrum. "Mein Wunsch ist es, dass es eine Eröffnung geben sollte, wo Shoah-Überlebende dabei sein können", sagte Deutsch. Die Idee zu dem Zentrum hatte der IKG-Präsident selbst vorgebracht, mittlerweile hat es das Projekt zumindest in die Regierungserklärung geschafft. Auch aus Spargründen wurde vorerst lediglich eine Machbarkeitsstudie beauftragt. "Ich sage jedes Mal, dass das kein jüdisches Projekt ist, sondern ein Projekt der Republik", erinnerte Deutsch an den Stellenwert einer solchen Einrichtung.
Bei der vor wenigen Wochen gestarteten Sanierung und Restaurierung des Wiener jüdischen Stadttempels geht Deutsch derzeit davon aus, dass der Zeitrahmen eingehalten wird und einer Eröffnung im September des kommenden Jahres nichts im Weg steht. Je ein Drittel der Kosten wurden von Bund und der Gemeinde Wien übernommen, für den Rest Spenden gesammelt. "Wir haben an die 50 Prozent erreicht", so Deutsch zur APA. "Und die zweite Hälfte werden wir mit Hilfe aller, denen die Erhaltung dieses Kulturjuwels am Herzen liegt, im nächsten Jahr auch noch schaffen."
Am Sonntagabend beginnt das achttägige jüdische Lichterfest Chanukka. Trotz aller ständiger Sicherheitsbedenken der Gemeinde will sich Deutsch das Feiern nicht nehmen lassen. So sei der Feiertag "einer, den wir sichtbar machen wollen", betonte der IKG-Präsident und: "Wir lassen uns unser jüdisches Leben von niemandem nehmen und deswegen gehen wir mit unseren Programmen und mit unseren Feiertagen und mit all diesen Dingen weiter."
Feiertagsbotschaft des Koordinierungsausschusses: Orientierung und Hoffnung sowie gemeinsame gesellschaftliche Verantwortung inmitten wachsender Unsicherheiten stärken