Insgesamt 81 der 265 Petrus-Nachfolger haben den Status der Heiligkeit, mit Johannes Paul I. sind bald 10 seliggesprochen
Vatikanstadt, 25.08.2022 (KAP) Die Kirche sollte alle Päpste des 20. Jahrhunderts heiligsprechen, denn nur so ließen sich Benachteiligungen vermeiden: Diesen Vorschlag machte vor 30 Jahren der einst mächtige Präfekt der Kleruskongregation, Silvio Oddi (1910-2001). Alle Päpste des 20. Jahrhunderts hätten ein heiligmäßiges Leben geführt und Großes geleistet, so der emeritierte Kurienkardinal. Doch nur für sechs von neun wurden schließlich kirchliche Erhebungsverfahren eingeleitet.
Die (bislang) Übergangenen sind der "Sozialpapst" Leo XIII. (1878-1903), der Friedenspapst des Ersten Weltkriegs, Benedikt XV. (1914-1922), und dessen Nachfolger Pius XI. (1922-1939). Dieser hatte Frieden mit Italien geschlossen, den modernen Vatikanstaat begründet und in der Enzyklika "Mit brennender Sorge" Lehren und Praktiken des Nationalsozialismus verurteilt.
"33-Tage-Papst" Johannes Paul I. (1978) wird nun am 4. September als Seliger zur Ehre der Altäre erhoben. Seine Vorgänger Johannes XXIII. (1958-1963) und Paul VI. (1963-1978) sind seit 2014 bzw. 2018 heilig. Nachfolger Johannes Paul II. (1978-2005) gelangte überhaupt in Rekordzeit zu höchsten Kirchenehren. Dessen Seligsprechung erfolgte bereits sechs Jahre nach seinem Tod, die Heiligsprechung 2014.
Schon seit 1954 heilig ist auch Pius X. (1903-1914). Dessen Namensvorgänger Pius IX. (1846-1878), in dessen Pontifikat der Kirchenstaat zu Ende ging und das Erste Vatikanische Konzil tagte, wurde im Heiligen Jahr 2000 trotz mancher Einwände seliggesprochen. - Noch nicht abgeschlossen ist das Verfahren für Pius XII. (1939-1958), das aus "politischen" Überlegungen auf Eis liegt.
Dass die Kirche ihre Päpste als Heilige oder Selige verehrt, hat Tradition. Insgesamt 81 der 265 Petrus-Nachfolger haben den Status der Heiligkeit, mit Johannes Paul I. sind bald 10 seliggesprochen. Petrus und all seine 31 Nachfolger bis zum Jahr 314, bis Kaiser Konstantin den Christen Kultfreiheit gewährte, gelten als Märtyrer und damit als Heilige. Die 22 folgenden römischen Bischöfe bis zum Jahr 530 werden - mit zwei Ausnahmen - ebenfalls als Heilige verehrt. Bis zum Tod von Hadrian III. 885 ist etwa die Hälfte heiliggesprochen.
Im zweiten Jahrtausend gelangten dann deutlich weniger Päpste zur höchsten Kirchenehre. Nicht nur, weil in Mittelalter und Renaissance auch manche umstrittene Persönlichkeit auf den Stuhl Petri gelangte, der Macht und Ansehen ihrer Familien wichtiger schien als das Heil der Kirche und der Seelen. Ab 1588 regelte zudem eine eigens eingerichtete Kongregation mit strenger Prozessordnung den Weg zur Heiligkeit. Dabei reicht nicht nur eine verbriefte Verehrung des Kandidaten. Auch Tugendhaftigkeit muss nachgewiesen werden.
Der erste Papst, der 1606 nach dieser Ordnung kanonisiert wurde, war der Reformpapst Gregor VII. (1073-1085), der seinem Gegenspieler, dem deutschen König Heinrich IV., 1077 den "Gang nach Canossa" zur Lösung vom Kirchenbann abtrotzte. Als Heiliger gilt auch der 20 Jahre zuvor regierende Reformer Leo IX. (1049-1054, Bruno von Egisheim-Dagsburg). In die Amtszeit dieses bedeutendsten der fünf deutschen Päpste des Mittelalters fiel freilich auch das böse Ende der Einigungsbemühungen mit Konstantinopel, die in das Morgenländische Schisma mündeten. Der dritte heilige Papst des zweiten Jahrtausends war 200 Jahre später Cölestin V., der 1294 wenige Monate nach seiner Wahl freiwillig zurücktrat.
Weitere 300 Jahre vergingen, bis mit Pius V. (1566-1572) erneut ein Papst heiliggesprochen wurde. Er hatte nach der Reformation mit Erfolg und Strenge die Beschlüsse des Trienter Konzils umgesetzt. Mit seinem Absetzungsurteil gegen die englische Königin Elizabeth I. stiftete er freilich manchen Schaden, aber er brachte auch das Bündnis gegen die Türken beim Sieg von Lepanto 1571 zusammen. Zu den wenigen seliggesprochenen Päpsten des zweiten Jahrtausends zählt Innozenz XI. (1676-1689), der 1683 das Bündnis zur Befreiung Wiens von den Türken erwirkte und damit als "Verteidiger des christlichen Abendlandes" in die Geschichte einging.
(Diese Meldung ist Teil eines unter www.kathpress.at/Johannes-Paul-I abrufbaren Kathpress-Schwerpunkts zur Seligsprechung von Johannes Paul I. am 4. September)
Albino Luciani ging nach plötzlichem Tod am 28. September 1978 als "33-Tage-Papst" in die Kirchengeschichte ein - ORF überträgt Seligsprechungsfeier mit Papst Franziskus live
Johannes Paul I. war der erste Papst, der einen Doppelnamen wählte - Auch sonst brach er in seiner nur einen Monat dauernden Amtszeit mit vatikanischen Gepflogenheiten - Porträt von Eva-Maria Eden