Franziskanerpater in Damaskus: "Besser als diktatorische Ära"
10.12.202414:13
Syrien/Konflikte/Krieg/Christentum/Orden
Ordensoberer Lutfi: Christen müssen in Gesellschaft des neuen Syriens "voll integriert" sein und die gleichen Rechte wie Muslime haben
Damaskus , 10.12.2024 (KAP/KNA) Der Ordensobere der Franziskaner in der syrischen Hauptstadt Damaskus, Pater Firas Lutfi, blickt nach dem Fall des Assad-Regimes abwartend, aber auch hoffnungsvoll in die Zukunft. Lutfi (49) sagte am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Viele Christen sind zwar besorgt, wer und was nun kommt. Aber sie hoffen, dass etwas Besseres kommt als die vergangene diktatorische Ära." Bei jeder Diktatur falle irgendwann die Maske und die Menschen sähen dann, was wirklich dahinterstecke.
Nach der Machtübernahme der islamistischen HTS-Miliz mit ihrem Anführer Muhammad al-Dschaulani gelte nun, dass deren Versprechungen gegenüber Minderheiten im Land auch in die Tat umgesetzt werden müssten. "Handlungen zählen, nicht Versprechungen", sagte Pater Lutfi. Fanatiker dürften nicht das Sagen haben.
Christen müssten in der Gesellschaft des neuen Syriens "voll integriert" sein und die gleichen Rechte wie Muslime haben. "Es dürfen nicht Rechte zweiter Klasse sein", betonte Lutfi. Keine der vielen religiösen und ethnischen Gruppen in Syrien dürfe Privilegien bekommen. Dies müsse auch in einer Verfassung niedergelegt werden. Die internationale Gemeinschaft müsse diesen Prozess beaufsichtigen, mahnte der Franziskanerpater.
Die Franziskanergemeinschaft in Syrien kündigte am Dienstag an, sich aktiv am Wiederaufbau des Landes nach dem jahrelangen Bürgerkrieg beteiligen zu wollen. Man hoffe auf einen Demokratisierungsprozess durch die neuen Machthaber, hieß es in einer Mitteilung der Franziskanerkustodie des Heiligen Landes in Jerusalem.
Die jüngsten Ereignisse rund um das Ende der Assad-Herrschaft und die Machtübernahme der islamistischen HTS-Miliz beschreiben die Franziskaner als "plötzlich und unerwartet". Die Ordensmänner sichern zu, in Syrien zu bleiben und die örtlichen Gemeinschaften zu unterstützen. Dabei wolle man tatkräftig für Dialog, Brüderlichkeit, Gerechtigkeit und Frieden eintreten. "Die christlichen Gemeinschaften und die franziskanischen Bruderschaften werden fähig sein, ihren Beitrag zur demokratischen Wiedergeburt des Landes und seinem Wiederaufbau zu leisten", hieß es.
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