Kardinal bei Pressegespräch in Wien über Konflikte in Syrien, im Heiligen Land und die schwierigen Beziehungen zur Russisch-orthodoxen Kirche
Wien, 17.12.2024 (KAP) Kardinal Christoph Schönborn hat sich einmal mehr für eine Aufhebung der internationalen Sanktionen gegen Syrien ausgesprochen. Wie er bei einem Pressegespräch am Montagnachmittag in Wien sagte, sei es ihm unbegreiflich, dass die Sanktionen immer noch aufrechterhalten werden, sie würden nur die Bevölkerung treffen. "Ich war selbst in Syrien und bin sehr informiert über die Lage vor Ort", so Schönborn wörtlich.
Der Kardinal hat im Vorfeld seines Abschieds als Erzbischof von Wien darum gebeten, von Geschenken an ihn Abstand zu nehmen. Stattdessen bittet er um Spenden für zwei Hilfsprojekte: zum einen für die St. Elisabeth-Stiftung der Erzdiözese Wien, die Mütter in Not und ihre Kinder unterstützt, und zum anderen für ein Altenheim der orthodoxen Kirche in Syrien. Letzteres Hilfsprojekt sei angesichts der unvorstellbaren Not in Syrien nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein, sagte Schönborn beim Pressegespräch, "aber es ist für mich ein Zeichen der Solidarität mit den Menschen in Syrien, die wirklich Unglaubliches erlitten haben und immer noch erleiden."
Auf den Krieg im Heiligen Land angesprochen und darauf, ob Papst Franziskus nicht zu sehr Palästina zugeneigt sei, sagte Schönborn: "Ich brauche nicht dem Papst Noten zu geben, aber ich glaube, es ist immer richtig, die Not dort zu sehen, wo sie ist. Und sie ist zweifellos auf beiden Seiten." Und beides müsse angesprochen werden, "weil es auf beiden Seiten Menschen sind, die es sehr schmerzlich betrifft".
Auch zu den Beziehungen zur Russisch-orthodoxen Kirche wurde Schönborn befragt. Derzeit sei die Lage sehr schwierig, räumte Schönborn ein: "Ich bedaure sehr, dass es im Moment praktisch keine Möglichkeit gibt, im Dialog mit Moskau zu sein. Aber das wird nicht so bleiben."
Er kenne Patriarch Kyrill aus der Zeit, als er noch Metropolit war: "Er war oft in Wien. Wir hatten zu ihm gute Kontakte mit unserer Stiftung Pro Oriente, als er Außenminister der Russisch-orthodoxen Kirche war." Was sich aber jetzt abspiele, sei auch innerhalb der Orthodoxie eine große Wunde. Schönborn: "Das ist ja nicht nur für uns als katholische Kirche eine schwierige Situation, sondern vor allem für die orthodoxen Schwesternkirchen, weil es einen ganz tiefen Riss in die Orthodoxie selbst hineingebracht hat. Man kann nur hoffen, dass diese Zeit vorübergehen wird."
Als Beispiel einer ausgezeichneten Zusammenarbeit vieler Kirchen und Religionen in Österreich kam Schönborn auf die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems zu sprechen, in der u.a. Religionslehrerinnen und Religionslehrer auf einer interreligiösen Basis ausgebildet werden. So gebe es neben den konfessions- und religionsspezifischen Fächern gemeinsame Grundprogramme für das pädagogische Rüstzeug. "Das ist ein phänomenales Projekt, das immerhin jetzt 20 Jahre existiert und eine in der Welt einmalige Sache ist", so Schönborn.
Und mit anderen Worten: "Es ist wirklich ein außergewöhnlich weitsichtiges Projekt, dass die, die in unserem Land in den öffentlichen Schulen den Religionsunterricht geben, miteinander ausgebildet worden sind."
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